David Franck, Ostfildern

Shortlist BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021

Umbau ehemalige Reithalle zu Studios und Werkstätten für Kunststudierende

Landau

David Franck, Ostfildern

Umbau ehemalige Reithalle zu Studios und Werkstätten für Kunststudierende

Landau
Architekt
Lamott.Lamott Architekten PartGmbB
Fertigstellung
2018
Mitarbeitende
Prof. Ansgar Lamott / M.Sc. Julius Winklhofer / Dipl.-Ing. (FH) Stephanie Scholze
Fotografie
David Franck, Ostfildern
Bauherr
Thorsten Holch

Die unter Ensembleschutz stehende Reithalle einer ehemaligen bayerischen Kasernenanlage in Landau/Pfalz, erbaut Ende des 18.Jahrunderts – wurde im Rahmen der Umbaumaßnahmen zu einem Hochschulgebäude für Studierende der Kunstwissenschaft und Bildenden Kunst der Universität Koblenz-Landau umgebaut. 

In seiner Außenerscheinung wurde das Gebäude nur punktuell verändert. 

Vorhandene Architekturelemente der gründerzeitlichen Architektur wurden saniert bzw. weitergebaut. Die vorhandenen, rhythmisierenden Fensterelemente wurden durch Sägeschnitte zur besseren Belichtung neuer Räumlichkeiten im Erdgeschoß vergrößert und als Eingriffe mit Stahlblecheinfassungen sichtbar gemacht. Alte Stahlblechtüren wurden aufgearbeitet bzw. im Geist der Zwischennutzung der französischen Kasernenanlage neu gebaut. 

In die ehemals offene Einreithalle wurden im Erdgeschoss einzelne Unterrichts- und Werkräume (u.a. Brennraum/Lagerräume) sowie Nebenräume wie WC-Anlagen eingebaut. Dies war auch aus Brandschutzgründen nötig.

Die oberen Ebenen sind als offener Atelierraum umgesetzt, der einerseits für eine optimale Belichtung durch die Dachfenster sorgt, gleichzeitig eine hohe Kommunikation ermöglicht.

Die neue loftartige Raumstruktur folgt den Vorgaben der rhythmisierten historischen Tragstruktur der Stahlfachwerkträger. Die im 2.OG befindlichen Atelierebenen spannen quer zum Längsschiff und werden durch die Fachwerkträger unterbrochen.

Dies führt zur charakteristischen Erschließungsstruktur der fünf einläufigen Treppen, die in kabinettartige, eingestellte Arbeitsebenen führen.

Das bestehende Dachtragwerk wurde komplett saniert (Rostschutz/Brandschutz etc.). Die Tragkonstruktion der neuen Geschossebenen ist als hybride Trockenkonstruktion aufgebaut: auf einer tragenden Bodenplatte aus Stahlbeton steht eine Stahlprimärkonstruktion aus Stahlstützen und -trägern. In diese Rahmenkonstruktion sind als Deckentragkonstruktionen Brettstapeldecken eingelegt. Auf Schallschutzschüttungen liegen schwimmend OSB Platten als Oberbelag.

Vorhandene historische Konstruktionselemente (Stahl/Holzdachtragwerk) und Wandfragmente – wie z.B. der umlaufende Ziegelzierfries – wurden in das neue Innenraumkonzept integriert. 

Das Gebäude erfüllt den energetischen Standard KfW 70. Die historischen Ziegelwände wurden außen gereinigt und neu verfugt. Im Inneren sind vor die historische Wand im Verbund perlitgefüllte Ziegeldämmsteine (WDF 120) monolithisch vorgemauert. 

Shortlist

BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021 – ENGERE WAHL

Das Areal, auf dem die umgebaute Reithalle aus der königlich-bayerischen Zeit am Ende des 19. Jahrhunderts steht, Standort der ehemaligen Artillerie-Kaserne Estienne et Foch, ist, wenn man so will, das Landauer Stadtentwicklungsgebiet des Moments. Eine Schnittstelle von Stadt und Landschaft, die der denkmalaffine Reithallen- Besitzer und praktizierende Architekt Thorsten Holch für sich entdeckt hat. Ein Spezialist des sinnvoll Machbaren und ein selten skrupulöser Investor. Ein Glücksfall auch für einen Preis, der Bauherr/innen und Architekt/innen gleichermaßen würdigt. Die gründerzeitliche Reithalle, die von den französischen Streitkräften als Sporthalle umgenutzt wurde, ließ Holch drei Jahre leer stehen. Ihm schwebte eine Markthalle vor. Ging nicht. Jetzt sind Studierende des Kunstinstituts der Landauer Uni eingezogen. 

Zusammen mit Lamott Lamott Architekten, Stuttgart, hat er das Gebäude umfassend saniert, unter die historischen Rundbogenfenster der Fassade sind quadratische, scheinbar rahmenlose Fenster mit deutlicher Laibung eingesetzt. Licht fällt ins Innere des Erdgeschosses mit den dort gebunkerten Werkstätten. Zwei Erschließungsbereiche wurden hinzugefügt, ein Aufzug ist eingebaut. Dagegen wurden Ziegelornamentfriese und die Dachbinderkonstruktion des Ursprungsgebäudes als historische Reminiszenz bewahrt. Wie ein Maschinenraum der Kunst erscheint jetzt das Loft der beiden oberen Ebenen mit den Atelierkojen in lichter Höhe, die auf einer freistehenden, vollständig reversiblen Stahlkonstruktion eingezogen sind. Aus der einstigen Reithalle ist ein KfW-70-Energiehaus mit Zukunft geworden.